Blumen sind wie Lindt-Pralinen.

Blumen sind wie Lindt-Pralinen.

ist witzig, wie man so hin- und herschwankt.

normalerweise schaue ich in der morgendlichen pause auf arbeit immer irgendwas auf youtube, während ich mein frühstück esse. meistens sind es irgendwelche musikclips, weil die pause nur recht kurz ist. mittags gibts immer eine dokumentation. pünktlich zu pausenbeginn also die seite aufgerufen und mir wurde etwas vorgeschlagen. „hello“ von adele, aber gecovert von avril lavigne. dachte zuerst, das wäre ein fake, aber nö. gibts wirklich.

angeklickt. während das lied lief, hab ich so das angezeigte bild von avril angeschaut. vor meinem inneren auge habe ich ein paar bilder vom musikclip von ihrem ersten song, „complicated“, gesehen, wie sie da auf dem skateboard angefahren kommt. dachte daran, dass mein vater avril auch immer cool fand. sofort losgeheult. das wäre auch so etwas, was ich nun meinem vater gezeigt hätte – guck mal, avril hat „hello“ von adele gecovert.

von da an hab ich mich den ganzen vormittag auf arbeit zusammenreißen müssen, dass ich nicht permanent an einem stück heule, sondern wenigstens nur ein bisschen zwischendurch mal. dadurch bin ich immer müde geworden und mein ganzer oberkörper hat auch immer mehr weh getan und generell mein ganzer körper hat sich wie blei angefühlt, einfach mega schwach und runterdrückend.

selbst, wenn ich gar nicht an meinen vater denke, machen sich die körperlichen symptome bemerkbar. ich find das – rein verstandesmäßig betrachtet – total faszinierend und interessant. wie so ein „vorfall“ das ganze system erschüttert und durcheinander bringt.

gestern, auf arbeit, habe ich etwas gezeichnet. ich muss ja zur verrichtung meiner aufgaben hin und wieder auch ein paar technische zeichnungen anfertigen und irgendwann war ich fast fertig mit der skizze und beim letzten handgriff, etwas, was ich detailliert aufgemalt hatte und dann schlussendlich auf den richtigen platz verschieben konnte, sagte ich: „schupp.“ wie so ein abschließendes „so!“ – das wort hat mein vater immer gesagt und das habe ich irgendwann von ihm übernommen, was ich zwar stets wusste, aber mir in dem moment nochmal richtig klar wurde. mir sind sofort die tränen in die augen geschossen.

ich denke sehr viel an die zeit vor dem schlaganfall. nicht analytisch oder bewertend, sondern einfach nur erinnernd. kommt mir einfach so in den sinn.

 

das hab ich gestern geschrieben. kam nicht dazu, es online zu stellen.

 

 

heute mit schmerzen aufgewacht. genau den gleichen, mit denen ich mich gestern ins bett gelegt habe. um ehrlich zu sein, ist dieser tod für mich wie eine art.. erleuchtung. und es fühlt sich an, als wäre alles, was ich davor irgendwie „durchgemacht“ habe, ein schlechter witz gewesen. das ist auch so das krasse, was… mir andere irgendwie rückmelden. also so sachen von wegen, oh was ich doch schon alles hinter mir hätte. – ich fand nie, dass ich hardcore was schlimmes mitgemacht hätte, ich hatte nur nie das super behütete leben in einer super harmonischen familie, aber wer hat das schon? … naja, tobi. und der affe zum beispiel. keine ahnung. ich würde sagen, mein leben war bisher immer hellgrau. nicht schwarz oder weiß und auch nicht grau. wobei ich jetzt aber nicht sagen könnte, dass mein leben nun irgendwie anders wäre, also mit dem tod meines vaters, „dunkelgrauer“ sozusagen. eher nicht. das ist halt eine sache, die die meisten von uns irgendwann mal erleben und bewältigen müssen. und so normal das doch ist, dass halt irgendwann die eltern sterben, so.. krass fühlt sich das an. die anderen sachen, von denen menschen zu mir sagen: „boah, wie du das hinter dich gebracht hast“, das waren vermutlich – anhand ihrer reaktionen – wohl weniger normale dinge, aber dafür waren sie.. weniger intensiv. naja, dazu muss ich aber sagen, dass auch die lange zeitspanne, die dazwischenliegt (zwischen meiner kindheit, dem hungern, meinen psychisch schlechten episoden etc), das ganze weniger intensiv erscheinen lässt, wenngleich sie aber trotzdem niemals an das aktuelle geschehnis rankommen.

wie ich gestern – und davor auch schon – schrieb, was mich an dem ganzen tod meines vaters irgendwie am meisten schockiert oder irgendwie überrascht, ist, mit welchen körperlichen symptomen man sich so rumschlägt. einfach, wie der körper, bzw. das ganze system irgendwie beeinträchtigt und zum teil außer kraft gesetzt wird. ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals mit so einem krass schweren und beschissenen gefühl aufgewacht wäre, und ich bin schon oft mit krass schweren und beschissenen gefühlen aufgewacht, mir schießt hier sofort der morgen in den sinn, nachdem mir irgendwie das mit r. klar wurde. ich habe mittlerweile wieder solche und noch heftigere angstgefühle, wie ich sie zuletzt vor der therapie hatte. einfach dieses zusammenziehen in der brust, aber so, dass ich manchmal das gefühl habe, als wäre der komplette oberkörper so heftig verkrampft, dass man nicht mal mehr genug luft bekommt. vor ein paar tagen hat meine linke seite so sehr weh getan, als hätte ich da irgendwie eine prellung oder wäre die treppen runtergefallen.

aber zurück, ich war bei „erleuchtung“. klar trauert jeder anders und klar empfindet generell jeder anders, aber jetzt, wo ich das so .. mitgemacht habe oder eben mitmache, habe ich so nachträglich das gefühl, jeden… lol, irgendwie zu fragen, ob derjenige mal jemand nahestehendes verloren hat und wenn ja, ihn direkt zu umarmen. ich habe das gefühl bei jedem, dem mal etwas schlimmes widerfahren ist, zu wenig gemacht zu haben. und das, obwohl ich schon immer .. intensiver oder bemühter reagiere als die meisten leute.

ich bin gestern nochmal zu dem blumenladen gefahren. um ehrlich zu sein habe ich seit der beerdigung mit mir gehadert, ob ich mir nochmal solche blumen holen soll. ich fand dieses gesteck einfach so schön und es hat mir irgendwie so viel bedeutet, obwohl ich nicht weiß wieso. ich bekomm auch jetzt schon wieder glasige augen, nur weil ich darüber schreibe, keine ahnung.

ich hab mir dann einen blumenstrauß für die arbeit geholt, in genau dem gleichen design. trauernde tun seltsame dinge.

irgendwie tröstet der mich. jetzt hab ich genau die gleichen blumen wie mein vater.

ich bin also gestern dort hingelaufen, der, der damals die bestellung aufgenommen hatte, hat mich, als er zu mir hergelaufen ist, um mich zu bedienen, glaub ich, gleich wiedererkannt, mich auch geduzt und gefragt, was ich möchte. – „ich hab letzte woche ein gesteck für eine beerdigung hier geholt und ich wollte jetzt nochmal im gleichen stil einen blumenstrauß haben.“ ich hab ihm das bild gezeigt, das ich auch im letzten eintrag online gestellt habe. – „ah genau, der tropfen war das, richtig?“ – „ja richtig.“ ich hab ihm gesagt, ich wolle einen strauß in der größe von für 25 euro und er hat mir einen gebunden. und er war riesig. der steht jetzt bei mir daheim. – „wollt ihr den ans grab legen?“ – „nein, der ist einfach nur für daheim.“ – „achso“, hat er gelächelt. ich stand da vor einer großen theke, wo bestimmt fünf mädels blumensträuße gebunden haben, zusammen mit dem kerl eben. „und hatte ihr einen schönen abschied?“, hat er gefragt. ich glaube, er wollte irgendwie das schweigen brechen oder mich aufheitern, weiß nicht. fühlte sich mitfühlend an. – „ja schon…“, ich hab leicht lächelnd ausgeatmet, im sinne von „was kann daran schon ’schön‘ sein!?“, er meinte: „ja, ist immer doof sowas.“ es war aber okay. ist doof sowas. die mädels und er standen da rum, sie witzelten miteinander und unterhielten sich. das jüngere mädel, das neben ihm stand – das war auch diejenige, die mich, als ich meine bestellung für das gesteck aufgegeben habe, zuerst angesprochen und mich direkt an ihren kollegen verwiesen hatte – neckte ihn: „ja du bist jetzt mein kollege, weil wir hier nebeneinander stehen und zusammen binden. wenn ich jetzt gleich da rüberlaufe, biste wieder mein chef.“ aha, das war also der chef. sie veralberten sich gegenseitig und ich musste grinsen. irgendwann sagte ich: „also wenn man euch so zusieht, dann möchte man sofort kündigen und hier anfangen.“ – „oh ja bitte“, sprach das mädel begeistert, ihr chef daneben antwortete mir gleich mit: „ja mach, wir suchen leute. zwei sind krank und drei haben aufgehört. wir brauchen verstärkung. du musst zwar jeden samstag arbeiten, hast dafür aber unter der woche einen tag frei,“ und das mädel fügte noch hinzu: „aber samstags ist nicht schlimm, das ist nur bis 14.00“ haha. witzigerweise sage ich auf arbeit immer: „gott, in meinem nächsten leben werde ich florist!“ XD ich sah, wie der strauß immer größer wurde und dachte mir: das riesending kannste unmöglich auf arbeit hinstellen…. – spontan kams aus meinem mund geschossen: „kannst mir den gleichen nochmal in klein binden?“ – „ja, gerne.“ wir haben noch etwas weiter geredet und ich hab sogar noch gegen schluss selber witze mit ihnen gemacht. beim rauslaufen meinte ich dann: „also danke, zukünftiger chef!“ – er sagte: „ich bin schon der chef?“ – „nee, ich meinte mein zukünftiger chef“, er hat gelacht, während ich gegangen bin.

und so habe ich jetzt einen großen blumenstrauß für daheim und einen kleinen für die arbeit. ich glaube, der für die arbeit lohnt sich richtig. immer, wenn ich kurz überlege oder zwischendurch eine pause brauche, schaue ich drauf. und finde ihn einfach schön. keine ahnung warum, aber auch, wenn mich die blumen immer traurig machen, fühlt sich das betrachten des straußes wie eine innere umarmung an. wie ein kleines stückchen trost, obwohl ich blumen generell überhaupt nicht mit meinem vater in verbindung bringe. blumen bringe ich generell mit niemanden in verbindung. für mich sind blumen wie lindt-pralinen. als kind und jugendliche habe ich zu weihnachten und geburtstagen immer lindt-pralinen meinen geschenken beigelegt. jeder hat lindt von mir bekommen. ich fand die als kind immer toll und irgendwie wertvoll. und es war immer so eine art running gag, dass ich nie welche zurückgekriegt habe. erst als erwachsene habe ich so langsam auch mal hier und da, eher selten, welche bekommen. genau das gleiche mit blumen. egal, mit wem ich zusammen war, ich habe schon immer nur selten blumen gekriegt, obwohl ich das total schön finde. hätte ich mir aber in den allermeisten fällen nie gekauft, weil ich das eigentlich schwachsinnig finde. nicht, sich selbst blumen zu kaufen, sondern blumen an für sich. nutzlose ressource, man macht keinen satt damit und eigentlich kann man damit nichts machen außer draufzuglotzen. und was kann man da schon viel sehen? könnte ich mir auch gleich eine obstschale hier hinlegen, da könnte ich das obst wenigstens noch essen.

aber den find ich einfach nur schön. und es freut mich immer so ein kleines bisschen, wenn ich ihn sehe, wenn auch jedes mal traurigkeit mitschwingt. am anfang kam ich mir etwas doof vor, dass ich mir jetzt genau die gleichen blumen geholt habe oder auch nur auf den gedanken kam, mir welche zu holen. so rührselig und weinerlich, hardcore emotional und waschlappenmäßig finde ich das, aber ich versuch da jetzt einfach drüber zu stehen. ich mag sie einfach nur anschauen, es macht mir ein kleines bisschen freude, also hab ich sie gekauft. ich hab mir jetzt auch vorgenommen die nächste zeit immer blumen auf meinem schreibtisch im büro zu haben. wer kann nicht hin und wieder im hektischen alltag eine kleinen moment des gefühls einer umarmung vertragen?

„ich mag keine blumen im haus, weil sie mich an beerdigungen erinnern.“

stammt aus dem film „selbst ist die braut“, mit sandra bullock. eine der wenigen – ich nenn sie immer „wedding planer“-filme, die ich mag. aber ist halt auch einfach sandra bullock. und ist halt auch einfach ryan reynolds. kam mir gerade so in den sinn.

 

suzaku

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