Egozentrik.

Egozentrik.

Letzte Woche schon geschrieben, aber vergessen online zu stellen… Naja. Dann halt jetzt,have fun damit.

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keine ahnung, ob mir das jetzt nur durch den nasenbohrer verstärkt auffällt, aber irgendwie hab ich das gefühlt, dass das ein allgemeiner trend ist. ich würde jetzt nicht unbedingt sagen innerhalb der „gesellschaft“, dazu geht mir die gesellschaft zu sehr am arsch vorbei und ich glaube, ich bin auch nicht gesellschaftlich so sehr eingebunden, also weder reallife-mäßig in vereinen oder mit meinem wohnort verbunden, noch groß auf social media. aber worauf ich hinaus will, irgendwie hab ich das gefühl – und das soll nicht so vorwurfsvoll gemeint sein wie es vielleicht klingen mag – dass die meisten menschen immer mehr um sich selbst herumschwirren. also immer egozentrischer werden. vielleicht ist das aber auch eine längst offensichtliche sache und ich bin mal wieder der letzte, der das rafft, aber irgendwie habe ich das gefühl, als würden alle menschen um mich herum immer ich-bezogener werden.

 

wie ich auf den gedanken komme, ist wie gesagt der nasenbohrer. also der nasenbohrer ist ja mein arbeitskollege mit den depressionen und dem burnout und bei dem isses eigentlich so an der tagesordnung, dass er circa jedes jahr einmal für längere zeit ausfällt. am anfang hatte man da noch total verständnis für und alles, aber je länger das nun geht, desto mehr nervt es eigentlich alle nur, weil er einfach total deplatziert an seinem job ist, nix auf die kette kriegt, alle anderen im team das ausbaden müssen und er überhaupt nicht einsehen will, dass er einfach total ungeeignet für den job ist. und irgendwann stresst ihn dann alles so sehr, dass er einen mental breakdown hat und für drei monate krank geschrieben ist. es liefen da auch schon einige gespräche mit ihm, sogar der versuch ihn um zwei entgeltstufen herunterzustufen, weil er einfach seine arbeit nicht adäquat erledigt. schlimmer noch, also nicht, dass er es nicht kann oder so oder irgendwie verballert, sondern der quatscht am laufenden band irgendwelche kollegen zu, drückt am handy rum, surft im internet und all solche sachen – aber – und ich sitze ja neben ihm, deshalb sehe ich das auch als einziger den ganzen tag, jeden tag – ich denke, der rafft das gar nicht, dass er so ist. der denkt wirklich, er würde hart krass für sein geld arbeiten, weil ihn einfach der geringste pups sofort fertig macht und er einfach hardcore ads hat. also jeder furz lenkt den ab und zwar für STUNDEN. da arbeite ich zum beispiel für einen kunden und lege das projekt im system an und frage in die runde: „was ist finnland nochmal für ein ländercode?“ – die anderen antworten mir und jeder arbeitet normal weiter. – bestimmt ne halbe stunde später fängt der nasenbohrer an: „boah, da hab ich neulich eine gute reportage über finnland gesehen und zwar…“ – und man weiß ganz genau, dass er in der letzten halben stunde nichts anderes gemacht hat als nur über finnland nachzudenken oder zu googlen. ich sehe ihm das auch mittlerweile an, dass er über das gesprochene thema noch nachdenkt und er gleich was sagen wird.

 

na jedenfalls.. worauf ich hinaus will. immer ein paar wochen, bevor der nasenbohrer dann ausfällt, wird er hardcore egozentrisch. also er ist immer so ein stückchen ich-bezogen, aber da dann richtig hardcore.

 

neulich hab ich mich mit einem kollegen unterhalten, der hat mir dann irgendetwas vom vorabend erzählen wollen von seinen töchtern, und dann sagt der nasenbohrer, als er „gestern abend“ hört: „boah, gestern war ich bei max mutzke aufm konzert. kennt ihr max mutzke?“ – und wir schon ganz perplex, dass der so in unser gespräch reinplatzt und wir so verdutzt: „äh ja?“ – „boah, der is ja sowas von gut.. blablabalbalabla“ und mein kollege und ich schauen uns nur stumm an. und ich irgendwann, weil ich schon total genervt vom nasenbohrer bin, sag zu meinem kollegen: „und was war jetzt gestern mit deiner tochter?“ und er erzählt weiter, man merkt richtig, wie der nasenbohrer innehält, auf seinen schreibtisch starrt und es quasi gar nicht aushalten kann, bis der andere kollege eeeeeendlich seine tochter-story erzählt hat. als diese dann zu ende war, fiel der nasenbohrer uns quasi fast ins wort und sagte: „jedenfalls, bei max mutzke, blablabla“ .. also .. hardcore? .. und genau das ist gerade die ganze zeit so mit ihm. vorallem das krasse ist, das macht er nicht nur bei den kollegen, die quasi direkt um ihn herum sitzen (so wie ich zb), sondern bei allen. wenn drei reihen hinter ihm zwei kolleginnen was tratschen und er ein wort aufschnappt, steht er auf, läuft da hin und fängt an irgendeine geschichte von sich zu erzählen. (jetzt versteht man vielleicht auch besser, warum er ein projekt nach dem anderen in den sand setzt.)

 

natürlich ist er jetzt ein krasses beispiel, aber irgendwie hatte ich dann, als ich meinen blick auf andere kollegen gerichtet hatte, festgestellt, dass irgendwie alle total um sich kreisen. so auch mein kollege, der übe seine töchter erzählt hat. den empfand ich eigentlich immer als sehr „selbstlos“, aber mir ist aufgefallen, dass ich eigentlich mega viel von ihm weiß. was für hobbies er hat, was bei seinen fünf kindern so los ist, dass er anfangen wollte trompete zu lernen, dies jetzt aber nach einem halben jahr hingeschmissen hat und wie fast jede einzelne stunde dazwischen verlaufen ist. er hingegen weiß nicht mal, warum ich in frankreich war und dass ich schon seit fünf jahren gesangsunterricht nehme.

 

ich will mich da jedoch auch nicht rausnehmen, was das „über sich selbst reden“ angeht, ich weiß, dass mein „ventil“ für egozentrik hier ist. ganz genau hier. ich hab hier jeden tag unendlich viele zeichen, in denen ich total ich-bezogen einfach nur über mich und meine gedanken sprechen kann ohne dass mich irgendjemand unterbricht, mir die zeit abläuft oder ich mir irgendwelche geschichten von anderen anhören muss. totaler egotripp. ich glaube, das „hilft“ mir auch im alltag – zumindest im reallife-alltag – mich mehr zurückzunehmen, bzw. was heißt „hilft“? .. das klingt, wie als ob es voll der drang wäre, ständig nur über sich selbst zu reden. aber ich merke zum beispiel, dass ich auf der arbeit eigentlich verhältnismäßig wenig erzähle und irgendwie wird das immer weniger. zum beispiel frankreich. für mich persönlich ist das eine sehr .. dominante sache, also fiori und dass ich ihn nach so vielen jahren endlich mal wiedersehen konnte und so. nicht nur fiori, sondern auch das erste mal, seit ich französisch lerne, das mal irgendwie – wenn auch nur ein klein wenig – in der praxis angewandt zu haben. eine woche lang hat kein einziger kollege nachgefragt, was ich an meinem verlängerten wochenende gemacht habe bzw. die, die wussten, dass ich in frankreich war, da hat nur einer – nach über einer woche – gefragt, wie es eigentlich war. wobei der, der gefragt hatte (der affe), hatte selber frei und mich erst nach über einer woche wiedergesehen. ich muss sagen, das hat mich dann echt gefreut, dass er da nach so „langer“ zeit noch dran gedacht und sogar nachgefragt hat. ich hab jedoch zunächst nicht viel erzählt, nur, dass es schön war. daraufhin wollte er sogar noch wissen, was das für ein französischer sänger sei und ob ich den schon länger kenne. ich hab jetzt aber nicht viel erzählt, nur, dass ich seit meinen teenie-jahren fan von dem bin und der in frankreich schon sehr bekannt ist, hier aber gar nicht, und das wars.

 

um ehrlich zu sein, mag ich im alltag eigentlich auch gar nicht viel erzählen, also vorallem auf der arbeit nicht. und unter (reallife-)freunden fange ich erst an irgendetwas zu erzählen, wenn ich gefragt werde. dann erzähle ich aber schon sehr gerne und bei manchen freunden – ich hab da konkret vier leute im kopf – die lieben das, wenn ich mit einen meiner bsb-, fiori- oder auch einer hamster-story anfange, weil ich – so hab ich mir sagen lassen – sehr lebendig und spannend erzähle. aber je älter ich werde, desto unangenehmer wird es mir, über mich selbst zu reden. weil ich das so .. eben so ich-bezogen und egozentrisch finde. und ich finde, es wirkt sehr.. rückständig und nicht bildend, wenn man nur um seine eigenen themen kreist. mal unabhängig davon, ob es quasi empathisch ist oder freundlich gegenüber anderen mitmenschen, aber man wächst ja nicht, indem man sich nur mit allem beschäftigt, was eh schon in deiner bubble ist.

 

im umkehrschluss ist es manchmal aber auch sehr anstrengend, wenn man quasi „selbstlos“ ist, da ich – vorallem auf der arbeit (auch ohne den nasenbohrer) – oft das gefühl habe, dass, wenn man den kleinen finger hinhält, einem fast der arm abgerissen wird. also das gegenüber hört dann gefühlt schon gar nicht mehr auf, nur von sich und seinen themen zu reden, und es entwickelt sich mit der zeit so eine unausgeglichene dynamik, in der der eine immer viel mehr von sich erzählt als der andere. ich kann aber auch nicht abstreiten, dass ich diese dynamik ebenfalls von ein paar – zum glück meines erachtens nur sehr wenigen – dyadischen beziehungen kenne, in denen immer nur über mich geredet wird, wo ich es aber dennoch nicht schaffe (zumindest nicht zu meiner „zufriedenheit“), das gewohnte zusammenspiel zu durchbrechen. 

 

wobei ich jetzt gar nicht darüber reden will, wer wie viel über sich und wie viel über andere spricht etc pp., sondern zum einen frage ich mich, ob das eine allgemeine entwicklung ist, dass jeder irgendwie immer mehr auf sich schaut oder ob das nur in meiner bubble passiert, und zum anderen, die viel interessantere frage, was der grund hierfür ist. es kann natürlich auch sein, dass ich das alles nur durch meinen filter sehe und es in wirklichkeit gar nicht so ist, und ich das alles nur so sehe, weil ich finde, dass ich für mich zu wenig aufmerksamkeit bekomme und das somit auf die anderen „schiebe“. kann auch sein. aber ich gehe mal davon aus, dass es nicht so ist.

 

ich finde auch nicht, dass alle egoistischer werden im sinne von … naja, dass jeder auf seinen vorteil bedacht ist und so, sondern.. ich frage mich, ob das von irgendeiner inneren not her rührt, dass man sich unbedingt mitteilen muss. und dass es förmlich nicht genug „sich mitteilen“ geben kann. und weitergestrickt, ob die gesellschaft (jetzt bin ich doch wieder bei der gesellschaft) – mal übertrieben gesagt – emotional „verhungert“, also im sinne von … dass so viele sich so fühlen, als bräuchten sie mehr zuwendung und aufmerksamkeit als sie tatsächlich bekommen, oder zumindest meinen zu bekommen.

 

die frage ist, warum erzählt eine person die ganze zeit immer nur von sich? (also halt wenn sie es denn tut.) .. für mich ist das eigentlich immer mit einer inneren „not“ verbunden oder mit einem nicht voll befriedigten bedürfnis oder halt irgendetwas, was im ungleichgewicht ist. wobei das so meine standard gandhi-sichtweise ist, wenn man mit sich im reinen ist, ist man super gelassen, selbstlos blabalbalbal. dann ist alles perfekt, blablablabla. aber irgendwie verfalle ich immer in dieses denkmuster. ist man zutiefst mit sich im reinen, kann quasi um einen herum alles passieren und man muss sich auch nicht mitteilen, weil man mit dem, was man lebt, was man denkt, womit man sich beschäftigt, so zufrieden ist wie es eben ist. wobei es nicht immer von emotionalem ungleichgewicht her rühren muss, es kann auch einfach sein, dass man nicht so empathisch ist und vielleicht gar nicht kapiert, dass man ständig nur um sich kreist. aber dann frage ich mich, warum ich die tendenz wahrnehme, dass sich dies immer weiter steigert. also warum werden dann viele immer unempathischer? im übrigen, beim nasenbohrer ist das nicht so. der nasenbohrer wirft einem auch oft, bevor er eine geschichte erzählt, sätze an den kopf wie: „ich weiß, dass es dich nicht interessiert, aber ich erzähle es jetzt trotzdem.“ – äh? das wäre mir schon zu .. bitter, dann jemanden doch mit meinem scheiß zu belästigen, wenn ich von vornherein weiß, dass er sich dafür nicht interessiert.

 

aber… um mal wieder von mir zu sprechen (LOL)! wie gesagt, je älter ich werde, desto weniger möchte ich eigentlich irgendetwas erzählen. früher war ich so ein richtiger blabla-mensch (herrliche bezeichnung), der sau gern erzählt hat und am liebsten immer im mittelpunkt stand. jedoch hab ich bei meinen eltern gesehen, wie dieses vorzeitige erzählen einer sache („wir wandern auf die philippinen aus!“ ist mein klassisches beispiel) kräftig in die hose gehen kann. man kann sich oft damit lächerlich machen, wenn man ständig irgendwas erzählt, was man tut, vorhat, was man tun wird und wie, wo, wann was passiert und womit man sich beschäftigt. zumindest wenn man es in dem stil betreibt, wie es meine eltern getan haben (und meine mutter immer noch tut). und ich finde es viel geiler, wenn man einfach mal die klappe hält, zum beispiel keinem sagt, dass man seit drei jahren chinesisch lernt und plötzlich, wenn man auf arbeit in einem teams-gespräch mit einem kunden aus beijing hockt und dem dann so beiläufig irgendwas auf chinesisch daherlabern kann. wobei das, genau genommen, auch nur wieder ein „aufmerksamkeit auf sich ziehen“ ist, also wenn man, nur mit dem hintergrund irgendwann glänzen zu können, alles unter verschluss hält.

 

ich glaube, was auch mitschwingt bei meiner wachsenden zurückhaltung, ist die selektion. ich teste, wer sich für mich interessiert und auch mal nachfragt, wenn ich nicht von mir aus irgendwas erzähle, und wende mich dann denen mehr zu, die echtes interesse an einem zeigen. ich will eigentlich meine themen nicht jedem in die fresse hauen, weil… oftmals isses die zeit eigentlich gar nicht wert. je länger ich darüber nachdenke, desto müßiger kommt es mir vor, im echten leben mit irgendwelchen menschen zu kommunizieren und denen irgendwas zu erzählen XD hier hingegen ist es einfacher und ja auch was schönes, geschichten zu erzählen, denn die leute, die das tb lesen, sind leute, die sich dafür interessieren, sonst würde man es ja nicht tun. also danke an euch hierfür! XD <3

 

ach keine ahnung, im letzten abschnitt hab ich jetzt irgendwie meinen gedankengang verloren, weil mich gerade jemand angerufen hat und nun bin ich vollkommen raus aus meinem flow. NAJA, PASSIERT!

 

in diesem sinne, ich wünsch euch einen schönen tag!

suzaku

Ein Gedanke zu „Egozentrik.

  1. Hey, also, ich kann jetzt gar nicht sagen, ob ich auch wahrnehme, dass es immer mehr wird, aber ich hab’s schon immer so empfunden, dass die Mehrheit der Menschen sich eigentlich nur für sich selbst interessiert und immer nur über sich selbst sprechen will. Von daher war es für mich sehr leicht meinen Freundeskreis herauszufiltern, denn das sind eben die wenigen Leute, die es schaffen ihr Gegenüber mal was zu fragen und sich dafür zu interessieren. Allen anderen erzähle ich auch nichts von mir, sehe es da genauso wie du, mittlerweile ist das vielleicht schon auch eine Art Snobismus geworden, weil ich mir denke, dann verpasst die Person es halt, meine potentiell interessanten Gedanken und Erlebnisse mitzubekommen, aber das ist ja dann nicht mein Problem

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