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Day: 5. Juni 2024

Der Moment im Fischrestaurant.

Der Moment im Fischrestaurant.

es gibt übrigens noch was anderes, neues zu erzählen.

aufgrund dieser hochwasserthematik am wochenende ist gestern spontan unsere vermieterin vorbeigekommen. und zwar hat unser nachbar unseren vermieter verständigt und sich beschwert, weil das mit dieser überschwemmung schon häufiger der fall war. unser nachbar, das ist der familienvater der family, die halt in der anderen doppelhaushälfte wohnt, mit denen kommen wir auch super aus, also da ist ein richtig gutes, freundschaftliches verhältnis. na jedenfalls ist der, was solche „beschwerden“ an den vermieter angeht, etwas weniger zögerlich als wir, tobi und ich sind recht genügsame, tolle mieter, die nie irgendwas wissen wollen XD

jedenfalls hat sich da der nachbar beschwert und daraufhin ist die frau unseres vermieters (ergo die vermieterin, mit der wir aber nie irgendwas zu tun hatten, mit ihrem mann ja auch nur geringfügig mehr) vorbeigekommen, weil sie eh bei den nachbarn war, und wollte sich die sachlage mal anschauen. tobi hatte vor einem guten monat oder so schon mal wegen einer kleinen sache unserem vermieter geschrieben und meinte so als höflichkeits-eingangs-floskel: „hallo herr blah, wie geht es ihnen?“ – worauf er mit einem „nicht so gut, gesundheitlich ziemlich angeschlagen“ geantwortet hat. – was, wie wir jetzt erfahren haben, weit untertrieben war. um genauer zu sein, befindet er sich im endstadium von bauchspeicheldrüsenkrebs, der auch schon gestreut hat, und es kann ihn eigentlich nur noch ein wunder retten. das war, um ehrlich zu sein, schon .. uff, ein ordentlicher hammer und das, obwohl wir eigentlich quasi nie was mit denen zu tun haben. (tobi hat unsere vermieterin nicht mal erkannt, die hat sich erstmal mit namen vorstellen müssen lol.) neben dem, dass es mich schon irgendwie „betroffen“ macht, geht mir natürlich nun eine andere frage durch den kopf, die ich – um ehrlich zu sein – eigentlich schon immer wie so ein damoklesschwert über mir hab schweben sehen, nämlich: was ist, wenn wir ausziehen müssen? – je nachdem, wie es weitergeht, könnte es ja sein, dass seine kinder (dazu muss ich sagen, dass unser vermieter schätzungsweise so mitte 50 ist) das haus erben und eigenbedarf anmelden. ich hielt das eigentlich schon immer für eine realistische gefahr, während tobi (auch jetzt noch) nie daran gedacht hat, weil unser vermieter von anfang an gesagt hat, dass das objekt nur zum vermieten gebaut war und er daher jemanden sucht, der am besten niemals auszieht und für immer drin wohnen bleibt. unser vermieter ist auch so ein ex-immobilienmensch, also der hatte eine baufirma oder irgendwie sowas, und der hat nicht nur dieses, sondern eine ganze reihe an objekten, die nur zum zweck des vermietens errichtet wurden. daher hat tobi da nie einen gedanken dran verschwendet, dass wir je irgendwann ausziehen können müssten.

als tobi mir dann gestern die nachrichten vom bauchspeicheldrüsenkrebs unseres vermieters erzählt hatte, hab ich dann aber gleich dieses thema angesprochen. tobi gleich so: „ja, ich hab auch schon dran gedacht, dass sie das haus dann vielleicht verkaufen wollen. aber wenn dem so ist, würd ichs mir schnappen.“ … lol? – „ernsthaft?“ – „ja, ich würde direkt gucken, dass wir es uns holen. wahrscheinlich müssten wir dann beide doppelhaushälften kaufen, denn timo (unser nachbar) will es ja nicht (hat dieser auch schon oft kommuniziert, dass er nie kaufen wollen würde), und dann wären wir halt die neuen vermieter.“ – lol abgebrüht. „ja, aber wenn das dann bedeutet, dass wir nicht mehr reisen gehen und unser leben einschränken müssten, hab ich da aber auch keinen bock drauf“, hab ich gleich geantwortet, „was du alles machst, nur weil du zu faul bist, hier auszuziehen“ XDDD (weil wir schon desöfteren witze darüber gemacht haben, dass wir so viel mist angehäuft haben, dass wir vorher lieber sterben als nochmal umzuziehen und den dreck mitzuschleifen lol)

ja… jedenfalls… das ist gerade status quo. also IIIIIIICH persönlich glaube ja, dass wir uns das niemals leisten könnten, wenn es dazu käme. beziehungsweise, dass der preis für mich zu teuer ist, denn ich hab keinen bock auf meinen alltagsluxus zu verzichten, weil das haus einfach in einer top lage in unserer kleinstadt ist und das objekt selber eigentlich auch ziemlich nice. puh. also keine ahnung. ich hoffe einfach mal, der faulheit wegen, dass alles beim alten bleibt, wobei ich aber auch sagen muss, dass ich mir jetzt nicht schon vorab sorgen mache. vorab-sorgen sind etwas für untherapierte. es kommt eh wie es kommt, akzeptanz. ich genieße meine zeit in jeder hinsicht, solange die zeit eben so ist wie sie ist. das denke ich mir eigentlich jeden tag. solange ich mir noch tolle reisen leisten kann, was da auch immer in zukunft passieren mag, ob irgendwelche privaten einschränkungen oder so übergeordnete sachen wie .. covid oder ukraine-krieg oder sowas, solange mache ich es und genieße es. solange ich noch gesund bin und nicht selber an bauchspeicheldrüsenkrebs leide, genieße ich meinen gesunden körper. solange ich hier ganz normal sitzen und tagebuch schreiben kann, genieße ich auch das, vielleicht sitze ich ja morgen heulend zuhause, weil .. keine ahnung, irgendwelche unfälle passiert sind, krankheiten oder sonstwas. man weiß nie was kommt.

 

ich höre gerade „lost in paradise“ und stelle fest, dass man bei diesem lied echt gut nachdenken kann.

manchmal hat man so kurze momente, in denen man auf einmal sowas wie „aufatmen“ kann, aber mental aufatmen. wo man irgendwie „erwacht“ und sich denkt: was war eigentlich die letzten wochen und monate? – so einen kurzen moment hatte ich gerade, als ich plötzlich lust hatte, das lied zu hören und die ersten paar töne angespielt wurden.

den kursiven text da oben, den hab ich gestern noch getippt, aber vergessen noch online zu stellen. was hier vielleicht noch hinzuzufügen wäre, ist, dass es eigentlich eher unwahrscheinlich ist, dass die kinder von unserem vermieter eigenbedarf anmelden würden, da .. naja, tobi hat das anwesen (anders kann man es nicht nennen) von unserem vermieter schon gesehen, der ist da schon öfter bei seinen mountain-bike-touren vorbeigekommen und der meinte gleich, dass die kinder sich mit so nem schuhkarton wie unserem grundstück sicher nicht zufrieden geben würden, wenn sie SOWAS gewohnt sind XD .. also eigentlich genau das, was ich auch dachte. wenn der vater eine baufirma und zig häuser hat, dann werden die kinder auch schon entsprechend wohnen, da können wir mit unserer rotzigen doppelhaushälfte nicht mithalten XDDD was ja in dem fall ganz gut ist. naja, man wird sehen, wie es da weitergeht. tobi und ich haben da gestern nochmal drüber geredet und heute erscheint es mir auch viel wahrscheinlicher, dass das haus zum einen eh nicht verkauft wird, was zum anderen wieder doof wäre, weil – witzig – ich jetzt schon eher eine tendenz dazu entwickelt habe, es auch kaufen zu wollen. nun ja, akzeptanz, wie es auch immer kommt.

 

ich hab gestern mal wieder mit dem schwarzen loch geschrieben, genauer gesagt, wir haben eigentlich gerade jeden tag kontakt, da er sich auch jeden tag bei mir meldet. ich glaube zwar nicht, dass er das bewusst reflektiert und sich deshalb ständig meldet, aber ich denke schon, er merkt, dass ich mich von ihm entferne. also nicht aktiv entferne, sondern dass ich immer mehr das interesse an ihm verliere. mittlerweile ist das alles so .. gekippt irgendwie. die stimmung und das bild, wie ich ihn sehe, hauptsächlich letzteres.

mir ist schon bewusst – zumindest behaupte ich mal, dass es so ist – dass die meisten meiner leser sich keinen kommentar zum schwarzen loch erlauben, schon allein deshalb, weil ich mit dem meisten hierzu hintern berg halte und es dadurch eh schwierig ist, irgendwas „fundiertes“ dazu zu sagen. eine leserin schrieb mir mal, als ich sie fragte, was sie glauben würde, was das schwarze loch sei (damals war noch nicht klar, dass dies eine person ist): „naja, du gibst so viel von dir preis, da dachte ich mir, sie darf auch mal ein geheimnis haben, deshalb habe ich nicht nachgefragt.“ das ist mir irgendwie im kopf geblieben.

auch wenn mir das bewusst ist, dass man dazu vermutlich eh keinen gedanken äußert, erzähle ich es trotzdem bzw. schreibe ganz offensichtlich trotzdem regelmäßig darüber. denn vielleicht interessiert es ja trotz dessen jemanden.

ich weiß gar nicht, ob ich von dem moment schon mal geschrieben habe, kann sein, dass ich mich eventuell sogar nun wiederhole, aber tja, dann isses halt so. aber ich meine einen moment, der sich damals schon krass anfühlte, als er noch andauerte, einen, der, glaube ich, innerlich irgendwo etwas ins rollen gebracht hat. ich dachte damals schon: „holla die waldfee, jetzt werden wir gleich auseinandergehen und das wars für immer“, auch wenn dem schlussendlich nicht so war, aber dieser schockmoment hat, glaube ich, innerlich dann doch irgendwas mit mir gemacht.

wir saßen – das war vor ein paar monaten – zusammen in einem fischrestaurant, draußen auf der terrasse. er hatte mich an dem tag ewig lang warten lassen und ich war schon etwas angepisst, weil ich relativ viel stress hatte, um dort hinzukommen und das ganze auch mit zeit und geld verbunden war. jedenfalls hatten wir eine leichte streitdiskussion oder zumindest war die laune nicht super und ich habe einleitend etwas gesagt, um dann zu dem punkt zu kommen, den ich ursprünglich ausdrücken wollte, aber er hatte mir sofort das wort abgeschnitten. und zwar meinte ich sowas wie: „naja, vielleicht prallen hier auch zwei welten aufeinander und deshalb kocht das so hoch, denn du bist blah und ich bin blub…“ er ist sofort ausgetickt und meinte in messerscharfem ton: „suza, willst du mir jetzt sagen, ich hab keine ahnung von blub?“ schon allein diese einleitung mit meinem namen. ich war total überrumpelt und verdutzt über seine reaktion, sodass ich gar nicht groß kontern konnte. das einzige, was mir im kopf geblieben ist, war sein aggressiver blick. und zwar hat mich dieser blick intuitiv an diesen psycho-blick von meiner mutter aus meiner kindheit erinnert, kurz bevor sie ausgetickt ist und zugeschlagen hat. der blick, der dir klarmacht, dass da gerade irgendwas in deinem gegenüber passiert. man kann dann förmlich die aggressionen hochsprudeln sehen. die gleichen aggressionen, die ich früher auch hatte, die einfach das gehirn ausschalten und dich zu dem punkt bringen, an dem man die kontrolle verliert. es mag sein, dass ich hier zu viel hineininterpretiere und überdramatisiere, aber es ist genau das, was ich empfunden habe und das reicht eigentlich auch aus, um meine realität zu sein und um eben innerlich etwas mit mir zu machen. ich blieb komplett ruhig und versuchte einfach nur zu erklären, was ich ursprünglich sagen wollte, aber er ritt so aggressiv auf diesem blah und blub rum, dass ich gar nicht mehr erwähnen konnte, worauf ich eigentlich hinauswollte. und das, worauf ich hinauswollte, wäre ihm ursprünglich entgegengekommen, es war quasi ein zugeständnis und ein versuch die wogen zu glätten, aber so weit habe ich es gar nicht mehr geschafft.

mit seiner cholerischen art, dieser messerscharfen, aggressiven miene hat er mich in diesem moment komplett mundtot gemacht. ich hatte längst aufgehört, mich erklären zu wollen, ich saß nur noch da und hätte vor lauter … schock, wut, empörung, trauer und verzweiflung sowieso nicht gewusst, wie ich dagegen ankommen sollte, bzw. ich wollte gar nicht *dagegen* ankommen, ich hatte ja versucht, ihm entgegen zu kommen und eine einigung zu finden. bzw. verständnis auf beiden seiten für das gegenüber. ich wollte nicht streiten, weil ich streit total lächerlich, unproduktiv und dumm finde, ich wollte einfach nur aufzeigen, warum ich so denke wie ich denke und erklären, warum ich glaube, dass er so denkt wie er dachte. doch nun saß ich nur stumm da und ließ ihn reden. ließ ihn mich mit seinen argumenten fertigmachen. fertigmachen für etwas, was ich gar nicht gesagt habe, für etwas, wo er nur den ansatz aufgeschnappt und sich seine eigene geschichte draus gestrickt hatte ohne mir die chance zu geben, mich überhaupt aussprechen zu lassen. die sonne schien herrlich, ich hatte eine sonnenbrille auf, und während ich so durch meine getönten gläser auf die leichten wellen des flusses neben dem fischrestaurant blickte, stiegen in meinen augen tränen der verzweiflung auf, über dieses unverständnis, über dieses reingeballer an aggression. aber hauptsächlich tränen der traurigkeit darüber, weil ich mich ihm noch nie so fern gefühlt habe wie in dieser sekunde. traurigkeit über diese feindseligkeit in diesem moment mir gegenüber. und traurigkeit, weil ich merkte, wie krass anders er war als ich und als ich dachte.

ich ließ ihn aussprechen, ich ließ ihn sich ausschimpfen bzw. geschimpft im sinne von geflucht hat er nicht, aber ich ließ ihn seinem ärger luft machen, weil ich merkte, er braucht das gerade. und weil ich es gebraucht habe, nicht ankämpfen zu müssen. ich war einfach nur froh, dass ich eine sonnenbrille aufhatte und er nicht sehen konnte, dass ich glasige augen bekommen habe, denn sonst hätte er im schlimmsten fall vielleicht daraus auch noch einen vorwurf gestrickt, wer weiß, keine ahnung, ich wusste sowieso nicht, was hier gerade geschah. meine mutter hätte das getan. und genau das ist das schlimme, dass er mich an meine mutter erinnert hat, an die böse seite meiner mutter.

als ich wieder reden konnte, sagte ich nur verzweifelt: „können wir bitte einfach damit aufhören? wir lassen das thema jetzt so stehen und sagen gar nichts mehr dazu.“ – schnippisch, oder vielleicht auch nur abgeklärt und trocken, keine ahnung, sagte er: „gut. ja. können wir.“ er aß weiter sein sandwich und ich meine pasta mit meeresfrüchten. keiner sprach mehr ein wort, während ich mir dachte: „sobald ich hier von diesem verfluchten tisch aufstehe, sage ich ‚tschüss‘ und unsere wege werden sich hier für immer trennen. das wars jetzt.“ das dachte ich wirklich. doch dem war nicht so. wir standen auf, gingen spazieren und später hatten wir sogar noch einen sehr schönen abend.

doch der schreck, der blieb.

es klingt dramatisch, aber das war so ein schlüsselmoment, der … weiß nicht, es hat sich angefühlt, wie wenn einer den anderen unerwartet auf einmal schlägt und man weiß gar nicht, was mit einem geschieht. die person erscheint einem plötzlich in einem ganz anderen licht und selbst, wenn man es wollte, mit aller gewalt wollte, man schafft es nicht mehr, die person so zu sehen wie man sie vor diesem moment gesehen hat. und damit meine ich nicht, dass er mir das wort abgeschnitten hat, oh wow, sondern … diese cholerische art, dieser aggressive blick. dieser switch in eine andere, komplett unbekannte person. in meine mutter.

und das „witzige“ ist, solche anstrengenden launen, dieses bockige… das hatte er schon öfter. es gab schon so ein paar situationen, wo meine eingeweihte freundin meinte: „wtf? du bist echt krass, dass du das so mitmachst“ … aber ich hab es noch nie in seinen augen gesehen. wenn, dann waren es immer irgendwelche streitereien am telefon. oder irgendwelche andere dramen, in denen es.. halt nicht so war wie im fischrestaurant.

keine ahnung, mehr nicht für heute.

suzaku