Der Ort unter dem Baum.

Der Ort unter dem Baum.

es ist 20.13, ich sitze in der küche am laptop und bisher habe ich mir noch keine musik reingemacht, die ich gleich zum eintrag hören werde.

ich habe schon lange keinen eintrag mehr so begonnen. mit „es ist so und so viel uhr, etc“. die meiste zeit, wenn ich heutzutage tagebuch schreibe, schreibe ich es auf der arbeit in der pause. ich schreibe eigentlich mittlerweile fast gar nicht mehr zu hause tagebuch, ich glaube, wenn’s hoch kommt, dann vielleicht einmal im jahr. nun. das ist dann wohl das eine mal für 2024.

es ist also mittwochabend und ich bin alleine zu hause. tobi ist heute in den motorradurlaub gefahren, bzw. genauer gesagt, er trifft sich heute abend mit seiner motorradclique in h. (das ist übrigens der ort, wo tabris gewohnt hat, wer die noch kennt – witzig, ne? tabris kam aus einem kuhkaff am arsch der welt und genau DA wohnt der kumpel, der jedes jahr den motorradurlaub von tobi eben der gesamten clique mit managed – lustig), sie fahren erst morgen gemeinsam nach sardinien, aber heute werden die motorräder verladen.

demnach habe ich also jetzt bis pfingstmontag sturmfrei. irgendwie auch komisch, so alleine zu hause. ich meine nicht mal das alleinsein, sondern… diese zeit. ich könnte normalerweise nie mich jetzt einfach hier hinsetzen und tagebuch schreiben. normalerweise wäre ich heute mit tobi zu unserem sushimann gegangen (aber auch nur, weil morgen frei ist) und dann gemütlich auf der couch eingeschlafen.

und plötzlich hat man so viel zeit und so viel freiheit, was nicht immer gut ist. denn wenn man zeit und freiheit hat, ich meine freiheit im sinne von.. man hat zeit und keine „ablenkung“, die gedanken sind frei und können einfach fließen und strudeln und tun, was sie wollen, .. das ist nicht immer gut.

aber zurück. was war seit dem letzten eintrag? naja, ich war jetzt tatsächlich anderthalb wochen krank geschrieben aufgrund meiner schulter. war einfach nicht möglich, stundenlang aufrecht zu sitzen und am computer zu arbeiten. die schmerzen sind auch erst seit vorgestern weg.

was habe ich also die ganze zeit getan? nichts irgendwie. genauer gesagt habe ich „my 600 lb life“ angeguckt, das ist so eine .. sendung auf tlc, die dicke ein jahr lang beim versuch abzunehmen begleitet. ist aber nicht son biggest loser kram oder so ein fat-bashing ala rtl mitten im leben, sondern gibt sogar ein bisschen raum und einblick in die psyche eines menschen, warum jemand so dick wird. also ich finde die sendung recht „empathisch“ gemacht, wenn ich ehrlich bin. ich würde eh behaupten, dass ich immer recht mitfühle mit .. protagonisten, die sich schwertun, vorallem bei so psychischen problemen, aber seit ich mich mit dem schwarzen loch darüber unterhalten habe, .. hat es irgendwie noch mehr einen nerv bei mir getroffen. wir hatten letzte woche so hin- und hergechattet, ich erzählte, dass ich krank geschrieben sei und auf der couch läge und auf dem fernseher laufe „my 600 lb life“. – „da hab ich auch schon mal reingezappt, aber ich kann das nicht schauen.. mich zieht das runter.“ – „mh, wieso denn?“ – „es macht mich traurig mitanzusehen, wie menschen an ihren süchten zugrunde gehen. und es ärgert mich, wenn ich mir vorstelle, wie viele hohle arschlöcher das angucken und sich über solche menschen lustig machen.“ .. erst da hab ich mein fettnäpfchen kapiert, auch wenn ich mich natürlich über die menschen nicht lustig mache, ganz im gegenteil.

 

keine ahnung, mir fliegen so viele gedanken im kopf rum. und ich glaube, heute ist es zu überladen, um einen schönen, strukturierten eintrag zu schreiben, mit spannungsbogen, wo ich sonst vielleicht den einen oder anderen kommentar bekommen, dass das so toll geschrieben sei. manchmal weiß man gar nicht, worüber man schreiben soll und manchmal ist es zu viel und man weiß nicht, welchem thema man sich hingeben soll.

 

eine freundin von mir ist gerade in der klinik. wegen ängsten. es ist nicht ihre erste klinik. sie hat neulich erzählt, wie sie sich ganz stolz einen kaffee in der caféteria geholt hat. – „ich muss das jetzt fragen, es ist auch nicht wertend gemeint, sondern einfach nur neugierig, weil ich es verstehen will. aber was genau ist deine angst beim kaffee aus der caféteria?“ – „naja, wenn ich wo neu bin und mich erst orientieren muss, macht mir das immer angst. und wenn mich dazu noch leute beobachten und mich bewerten könnten, dann noch mehr. ich hab angst, etwas falsch zu machen, mich unglaublich zu blamieren und alle denken dann, ich sei doof.“ – na, kommt euch das bekannt vor? mir auch.

daraufhin habe ich gemeint, dass das genau die gleichen ängste seien, die ich auch damals hatte. wir hatten zuletzt vor jahren darüber geredet, daher wusste sie auch nicht mehr, was genau mich in die klinik gebracht hatte. sie weiß, dass es mir mittlerweile ganz gut geht, sie wusste zum beispiel auch von meinem kentucky urlaub und so. ich erzählte ihr, wie ich mir vorab, vor dem kentucky urlaub, gedanken gemacht hatte, wie man in den usa zum beispiel essen bestellt und bezahlt. geht man da ins restaurant rein und wird man an einen platz gebracht, bestellt man am platz, bestellt man an der bar, setzt man sich einfach, bezahlt man sofort, kommt der kellner und bringt die rechnung, wie wo wann was. – „also mein nummer 1 tipp, der eigentlich immer funktioniert, ist: lächeln, fragen und dumm rumlachen und einfach sagen, dass man keinen plan hat. wenn man klein, cute und weiblich (das alles ist sie xD) ist, dann zieht das eh immer.“ XDDD – ich erzählte ihr von dem einen mal in frankfort, als ich mein auto parken wollte und auf dem schild stand „two hours free parking“ und ich aber keinen plan hatte, wie man denn angibt, ab welcher uhrzeit man da geparkt hat, ergo, dass die polizei wüsste, man steht da noch keine zwei stunden. für die, die es nicht mehr wissen, ich hatte ja zunächst versucht zu googlen, aber da kam dann nicht so schnell was sinnvolles, also hab ich mich einfach auf den parkplatz gestellt und bin ausgestiegen. eine frau lief auf der gegenüberliegenden straßenseite und die hatte ich dann angesprochen und gefragt, ob sie mir das erklären können. – „ich hab sie dann so auf englisch gefragt, woher denn die polizei wüsste, wie lange ich denn mein auto schon da parke und die hat mich angeguckt wie: hä, wieso fragt die denn sowas?“ – die hat es mir ja dann erklärt, worauf ich ja sowas meinte von wegen, haha, witzig, in germany läuft das nämlich so und so. und erst da hatte sie ja kapiert, warum ich das überhaupt frage. – „weißt du, und genau solche sachen meine ich.. man muss einfach nur lieb und nett fragen, mit ein bisschen humor, und dann klappt das schon irgendwie. die angst macht man sich immer nur selber.“

mal unabhängig von dem rat an sich – meine freundin fand es total ermutigend und aufbauend, dass jemand, der in der gleichen lage wie sie war, es nun so überwunden hatte – hat mich auch, muss ich zugeben, die reaktion von dieser frau sehr stolz gemacht. die frau war total verwirrt, warum ich das jetzt frage und hat mich auch erstmal so komisch angeschaut von wegen: „hä bist du doof?“ XD – ok, das ist jetzt vielleicht kontraproduktiv bzw. konträr zu meinem psycho-rat von da oben, aber mir hat das gleich signalisiert, dass sie mich nicht als ausländer erkannt hatte. ich hab ihr ja dann extra gesagt: „achso, ja weil bei UNS, IN GERMANY… blah.“ – und erst da ist ihr ein licht aufgegangen, dass ich überhaupt gar nicht aus den usa bin. ich sags euch ganz ehrlich, komplimente bedeuten mir in den allermeisten fällen gar nichts, denn viele komplimente, die ich so bekomme (ok, das klingt jetzt arrogant), sind meistens sachen, die ich selber weiß. – oh, du bist hübsch. oh, du kannst dich toll schminken. oh oh oh. das sind meistens sachen, die weiß ich schon. aber das fand ich richtig toll, obwohl das eigentlich nicht mal ein ausgesprochenes, beabsichtigtes kompliment war. genauso wie der bodyguard von guns n roses, der mir in dieser bar sagte, man würde kein stück hören, dass ich aus deutschland sei – „you sound like an american!“ – und das hat er mit so einer .. shake my head face palm attitüde gesagt, von wegen, bist du dumm oder was, hörst du das nicht selber, dass du gar nicht wie ein deutscher klingst? das waren wirklich zwei komplimente, die haben sich in mein hirn eingebrannt.

 

und ich schreib das jetzt alles gar nicht, um mir so toll vorzukommen oder fishing for compliments oder son fuck, sondern einfach, weil das so ein gedanke war, der mir heute kam und .. emotionen in mir verursacht hat. es ist wie ich sagte, es fliegt einem so viel im kopf rum und man weiß gar nicht, welchem thema man jetzt seinen eintrag widmen soll.

 

aufgrund meiner schulterschmerzen hatte ich letzte woche eigentlich auch keine große lust irgendwas zu.. machen. an produktiven hobbies. auf die hab ich gerade eh keinen bock, so wie singen oder französisch lernen. ich hab die ganze woche nur ein einziges mal für eine stunde französisch gelernt, was ungefähr auf den ganzen letzten monat gerechnet vielleicht.. keine ahnung, vier stunden sind? ich lerne immer weniger und ich muss sagen, .. hätte sich jetzt nicht letzte woche meine französische freundin wieder gemeldet, ich hätte es jetzt ganz gedroppt. zumindest bis november zu den fiori konzerten. vielleicht hab ich dann wieder mehr muße dazu. naja und singen, singen hatte ich auch keine lust, aber da hab ich ja schon lange keine lust mehr drauf. bzw. schlage mich immer wieder mal mit unlust herum, während ich kurze phasen der begeisterung habe.

also bin ich heute zum wöchentlichen gesangsunterricht wieder mit dem wunsch nach einer wiederholstunde hingegangen und meine lehrerin meinte zum ende der stunde hin, ich könne ja nächstes mal vielleicht was neues mitbringen. wäre das mit der schulter nicht gewesen, hätte ich mich schon für heute zu einem neuen lied aufgerafft, aber auch nur gezwungenermaßen, weil es mal wieder an der zeit ist. die schulter war so mein glücklicher vorwand nichts machen zu müssen. doch der satz: „vielleicht nächste woche mit etwas neuem“ und dem lächeln dazu, nicht als aufforderung, sondern als nett gemeinter versuch der motivation, hat mir so in den arsch getreten, dass ich direkt nach dem unterricht mich ans youtube setzte und nach einem neuen lied gesucht habe. natürlich evanescence. neben nightwish singe ich nichts anderes als evanescence. und weil mir so langsam, nach fünf jahren gesangsunterricht, die evanescence lieder ausgehen, war ich eine weile am suchen, was ich denn noch singen könnte. und so stolperte ich über das hier:

 

and maybe tonight we’ll fly so far away. we’ll be lost before the dawn. uraltes lied, aber kein lied, was je in der versenkung verschwunden war, sondern für mich ein all-time klassiker, den ich immer wieder höre. ergo verbinde ich dieses lied mit gar nichts, mit keiner erinnerung, keiner meiner exen ist dieses lied gewidmet, sondern .. tatsächlich klingt das lied für mich auch genauso wie das, was im text auch gesungen wird (vermutlich auch deshalb), nämlich nach verschwinden in der nacht. und genau dieses wiederum erinnert mich an was anderes.

es erinnert mich daran, wie das schwarze loch und ich nachts unter dem baum standen. mitten im nirgendwo. wir hatten keinen ort, wo wir hätten hingehen können, nirgendwo, wo uns nicht jemand gesehen hätte. also standen wir einfach nur da an der straße, mitten in der nacht, unter diesem einen baum und hielten uns im arm und haben gekuschelt. keiner hatte etwas gesagt, denn man musste nichts sagen. wir wussten, dass wir nirgendwo hin konnten und wir wussten, dass wir eigentlich nicht sein durften, nicht zusammen. aber dieser ort unter dem baum, der gehörte uns, zumindest für diesen moment.

und ich frage mich, wie viel davon meine .. romantische ader hier noch an überresten zu einem netten eintrag zusammenbastelt und wie viel … überhaupt noch davon übrig ist. das schwarze loch ist ein mensch, der sehr verschlossen ist, sich selten öffnet, obwohl er sehr emotional ist. aber gerade deshalb, weil er im kern sehr sensibel ist und sich vieles zu herzen nimmt, versucht er sich selten in die karten schauen zu lassen und die mauer hochzuziehen. das ist auch der grund, weshalb ich dazu neige, ihn selten auf irgendetwas anzusprechen. oft erinnert er mich an daniel, meinen ex.

 

die angst macht man sich immer nur selber, hab ich vorher geschrieben. genauso alles andere. ich hab neulich so einen typischen facebook spruch gelesen, der hier aber auch gut reinpasst, nämlich: „happiness is a choice.“ – und ein stück weit glaube ich das auch, zumindest, wenn man realisiert hat und weiß, dass happiness a choice is. man muss sich nur darüber im klaren sein, was für eine power gedanken haben. und genauso wie man sich für happiness entscheiden kann, kann man sich auch für leid entscheiden und genau das tue ich jedes mal, wenn ich hier so tralalala über das schwarze loch schreibe. keine ahnung, was das für ein komischer zwang oder fetisch oder perversität ist, dass man immer wieder auf den blauen fleck drückt und es irgendwie gleichzeitig geil findet. ob’s dann wirklich wieder nur ne choice is? .. jedenfalls sind tagebuchthemen auch eine choice und das hier wird mir gerade zu deep XD

nun ja, .. irgendwie.. bin ich nun abgelenkt und nicht mehr so in der emotion drin, eigentlich war ich das schon nicht mehr, als ich mit dem schwarzen loch thema begonnen hatte, denn… siehe da, das schwarze loch hat sich gemeldet. schwierig sich im leid des vermissens zu suhlen, wenn derjenige sich meldet lol.

 

ansonsten, mehr nicht mehr für heute.

keine ahnung, was ich jetzt noch mache. ich leg mich vielleicht auf die couch, in tobis pullover und schau mir noch ne folge „my 600 lb life“ an.

suzaku

2 Gedanken zu „Der Ort unter dem Baum.

  1. So eine Idee meim Lesen… warum verbindest du nicht beides? Einen Song von Fiori für den Gesangsunterricht aussuchen 😉

    1. Habe ich tatsächlich schon gemacht, also nicht direkt von Fiori, aber von französischen Sängerinnen, die ich auch höre. Das ist leider eher etwas schwierig, da meine Lehrerin kein französisch spricht und das ein bisschen unpraktisch macht, wenn sie bestimmte Textpassagen nachsingen und mir erklären will. Deshalb bleib ich da eher bei Englisch. Trotzdem danke für deinen Tipp und liebe Grüße 🙂

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